Ohne dich
  Mein Kissen schaut mich an zur Nacht
  Leer wie ein Totenstein;
  So bitter hat ich's nie gedacht,
  Allein zu sein
  Und nicht in deinem Haar gebettet sein!
  Ich lieg allein im stillen Haus,
  Die Ampel ausgetan,
  Und strecke sacht die Hände aus,
  Die deinen zu umfahn,
  Und dränge leis den heißen Mund
  Nach dir und küß mich matt und wund -
  Und plötzlich bin ich aufgewacht
  Und ringsum schweigt die kalte Nacht,
  Der Stern im Fenster schimmert klar -
  O du, wo ist dein blondes Haar,
  Wo ist dein süßer Mund?
  Nun trink ich Weh in jeder Lust
  Und Gift in jedem Wein;
  So bitter hat ich's nie gewußt,
  Allein zu sein,
  Allein und ohne dich zu sein!
                
    Hermann Hesse (1913)